Vom Führerschein zum ersten Roller, Auto und Wohnwagen
Gerd D. aus Düsseldorf, geboren 1941, erzählt uns über seine Touren mit dem Roller im Starkregen, seinen VW-Käfer, seine erlebnisreichen Reisen im Mini-Wohnmobil und die Anschaffung eines Wohnwagens, als sich Familiennachwuchs einstellte.
VW-Käfer: Liebling der Deutschen in der Wirtschaftswunderzeit (hier als Museumsstück) war auch für Gerd D. das erste eigene "Traumauto".
Foto: Reinhard R.
Mit dem Roller im Regen
Wahrscheinlich habe ich von meinem Vater, der sein Leben lang in einer Autofirma tätig war, die Faszination für Fahrzeuge und Technik geerbt.
Er war 1959 im Alter von erst 54 Jahren verstorben. Und so wartete ich natürlich sehnsüchtig auf den Tag, an dem ich selbst ein Fahrzeug haben würde.
1961 machte ich zuerst den Motorradführerschein und zwei Jahre später 1963 hatte ich die Fahrerlaubnis für ein Auto in meinen Händen.
Natürlich hatte ich schnell die passenden Fahrzeuge.
1961 – den Motorradführerschein gerade in der Tasche – war es ein Goggo-Roller, der zu meiner Größe besser passte als die kleinen Vespas, die sonst damals gerne gefahren wurden.
Als ich gerade mal vier Wochen den Führerschein hatte, unternahm ich die erste große Tour – nach Trier. Zum Pfingstfest ging es los – zunächst Richtung Aachen und dann in die Eifel. Mit dabei: Mein Bruder hinter mir und irgendwie noch Reisegepäck im Koffer. Nicht mit dabei: Wasserfeste Schutzkleidung oder Regenmäntel.
An die Leistungsgrenze kam unser vollgepacktes Fahrzeug, als es hinter Aachen die Himmelsleiter hochging und wir nur sehr langsam an Höhe gewannen. Dafür ging es runter umso besser. Bald begegneten uns auf der Straße riesige Pfützen, durch die wir aber auch ohne richtige Regenkleidung durch mussten.
Dann ging es Richtung Schleiden. Auf den Eifelhöhen wurde es uns immer kälter. Nach drei Stunden bekamen wir die Finger nicht mehr auseinander. Endlich war es geschafft: Wir kamen in Tier an – obwohl die Kurventechnik meines Bruders, der sich immer gegen die Kurve herauslehnte, mich alle Nerven kostete.
In Trier machten wir ein paar Tage Kurzurlaub in einem Gasthof u.a. zur Besichtigung der römischen Ausgrabungen und des Doms. Dann ging es – auch mal wieder im Regen – die Mosel runter zum Rhein. Hinter Koblenz ist uns dann der Seilzug der Fußbremse gerissen, so dass wir nur noch mit der Handbremse unterwegs waren und das bei einem „Sauwetter hoch drei“! Durchgefroren aber gottseidank unversehrt kamen wir wieder in Düsseldorf an.
Nicht ganz so glimpflich verlief einmal eine Rückfahrt von meiner Arbeit. An einer Ampel wartete ein Hund mit Herrchen zunächst unauffällig am Bürgersteig. Als ich aber grün bekam und losfahren wollte, überlegte es sich der Hund und rannte einfach auf die Straße in meinen Roller. Ich flog hin, stand aber sofort wieder auf. Am Roller war Blech verbogen und ich hatte auch etwas abbekommen, was ich zuhause feststellte, als ich den Pullover auszog.
Also zum Arzt. Der: „Eine Tetanus-Spritze muss her“. Das klang für mich irgendwie nicht gut: Ich hatte noch nie eine Spritze bekommen und bekam kreisrunde Augen: „Muss das mit der Spritze wirklich sein?" – Dr. Bauer: „Ja!; Wer Motorroller fährt, der muss auch eine Tetanusspritze aushalten können“.
Also: Hingelegt! Hose herunter! Und dann habe ich auf den schmerzhaften Einstich gewartet. Nichts tat sich. Dann sagte der Arzt: „Sie können die Hose wieder hochziehen!“ Ich hatte gar nichts von der Spritze gespürt! Seitdem mache ich mir um solche Spritzen keine Gedanken.
Der Roller wurde auch wieder professionell zusammengeflickt, erhielt eine neue Lackierung von ehemals schwarz auf weiß. Später wechselte dann noch einmal die Farbe.
Mein Käfer
Mein erstes Auto war ein Käfer. Natürlicher nicht neu gekauft, sondern gebraucht von einem Händler. Dazu hatte ich mit meinem Roller und meiner Schwester zuvor alle Autohändler abgeklappert. Der Händler wollte mein „Traumauto“, einen VW-Käfer, natürlich so teuer wie möglich verkaufen. Er sei auch unfallfrei. Dann bin ich eine Stunde lang in und unter dem Auto herumgekrochen, habe alles genau untersucht und dabei festgestellt, dass eine Beschädigung am linken Vorderrad auf einen Unfall hindeutete, wodurch das Fahrzeug plötzlich deutlich billiger wurde und unter 1000 Mark kostete.
Der Käfer hatte 1200 ccm, 30 PS und eine 6-Volt-Elektrik. Es war schon ein umgerüstetes Modell, in dem die älteren Brezelfenster herausgenommen waren, aber auch noch ein früherer Blinker erkennbar war. Im Innern war er metallic-grün, außen weiß. Das habe ich aber mit Hilfe eines genialen Zusatzteils unseres Vorwerk-Staubsaugers irgendwann einmal geändert. Das Vorwerkgerät konnte mit dem Zusatzteil praktisch umgepolt werden, so dass es Lack sprühen konnte. Der war zwar recht grobporig, aber die Optik stimmte. Der Wagen wurde nun also von mir rot lackiert, allerdings sogar zweifarbig mit einem schwarzen Dach: Diese Faltdach-Farbe sollte Cabrio-Optik an meinen Käfer zaubern.
Autofahren ist schön, aber auch teuer: Kaufpreis, Reparaturen, Steuer, Versicherung, Benzin. Und wenn man nicht aufpasst: Auch durch Knöllchen der Verkehrshüter. Die haben mir einmal bittere 20 Mark abgenommen – für ein nichtbeachtetes Überholverbot, von dem ich annahm, dass es erst später gelten würde. Das war in Ratingen und das Geld war eigentlich dazu bestimmt, mit meiner Freundin essen zu gehen. Daraus wurde nun nichts.
Die Liebe zum Roller, zum Auto, zum Wohnmobil und zum Wohnwagen teilte ich später mit meiner Frau, deren Jugendtraum auch ein Roller, allerdings eine Vespa, war. Mit diesem gemeinsamen Interesse an Fahrzeugen und Reisen waren unsere späteren Urlaube mit Auto (und Anhänger) vorprogrammiert.
Reisen mit dem Mini-Wohnmobil
Zu den schönsten Erinnerungen aus den 70er Jahren gehören unsere vielen Urlaubsreisen. Sie führten uns in Deutschland nach Bayern, in Italien u.a. nach Venedig, über Österreich und den berüchtigten Autoput an die Adria und nach Jugoslawien, aber auch gen Westen nach Südfrankreich und mit der Fähre nach und durch England bis hinauf ins schottische Inverness.
Für diese Reiseträume haben wir Familienplanung und Kinderwunsch erst einmal nach hinten geschoben. Dafür würde auch später noch Zeit sein. Denn uns war schon klar, dass Urlaube mit einem Kleinkind anders aussehen würden, als das, was wir im Blick hatten.
Wir haben diese Reisen immer selbst mit den damals üblichen ADAC-Straßenkarten geplant und waren mit unserem Mini-Wohnmobil unterwegs. Dieses stammte vom italienischen Autobauer Fiat. Mein Cousin, ein Fiathändler, hat mich dazu überredet. Es war ähnlich groß wie ein damaliger VW-Bulli, deutlich weniger zuverlässig und hatte ohne eingebaute Küche und WC natürlich kaum Campingqualitäten. Wie immer habe ich da in Eigenregie vieles nachgebessert und eingebaut, aber es blieb natürlich ein extrem kleines Fahrzeug mit relativ begrenzten Möglichkeiten. Dennoch: Es hat seinen Dienst getan und uns in viele schöne Urlaubsorte gebracht.
Pauschalreisen mit Bus oder Schiff, wo alles vorprogrammiert ist und wo Massen von Touristen immer gleichzeitig unterwegs sind, das war damals gar nichts für uns. Selbst unsere eigene Planung haben wir gerne über den Haufen geworfen, wenn uns unterwegs etwas neugierig machte oder uns irgendeine Sache besonders gut gefiel. Dann haben wir spontan die geplante Strecke verlassen und haben einfach mal geschaut, wohin der Weg uns führt.
Bei unserem Englandurlaub haben wir uns nicht nur nach Loch Ness und „Nessy“ führen lassen, sondern unterwegs auch zu einem nicht geplanten Abstecher auf eine uns irgendwie anlockende Insel vor der Küste. Wir haben sie auch gegen Abend erreicht.
Hier wurden wir aber unverhofft Opfer einer Attacke der Natur. Plötzlich erschienen wie aus dem Nichts Milliarden von kleinen Fliegen, denen man mit nichts aus dem Weg gehen konnte. Wir flüchteten uns ins Wohnmobil, aber das half nichts: Durch Ritzen und Lüftungsschlitze drangen Hunderte der kleinen Quälgeister, die zum Glück nicht gestochen haben, in das Fahrzeug. Auch der Versuch, sie mit Insektenspray aufzuhalten, scheiterte kläglich. Nach relativ kurzer Zeit, sobald es mit dem Heraufziehen der Nacht noch dunkler geworden war, waren plötzlich aber alle wieder verschwunden, nicht einmal Überbleibsel dieser Schwärme oder einzelner Tiere waren noch zu entdecken.
Das war uns im Urlaub wichtig: Neues, Schönes, Spannendes, Unerwartetes, Unbekanntes zu entdecken. Und deshalb haben wir auch immer wieder neue Ziele in den Ferien angesteuert und sind nicht mehrmals an den gleichen vertrauten Urlaubsort gefahren. Auch spätere Ferien mit unserer Tochter an der Ostsee verbrachten wir niemals auf dem denselben Campingplatz. Wir waren neugierig auf Land und Leute, auf Landschaften und Sehenswürdigkeiten, auf Natur und Kultur, wir wollten wissen und sehen, was die Welt zu bieten hat.
Mit einem Wohnmobil in die Ferien zu fahren, ist für diese Art Urlaub ideal und leicht umzusetzen. Wir hatten schließlich das Wichtigste immer dabei und brauchten kein vorgebuchtes Hotelzimmer.
Zu dritt im Wohnwagen
Das kleine Wohnmobil war eine Lösung für zwei Menschen, ein Paar. Wenn eine dritte Person dazu kommt, dann funktioniert diese Variante nicht mehr.
Als Familienvater mit Frau und Tochter standen seit Mitte der 80er Jahre fahrbare Häuser, Wohnwagen, auf meiner Wunschliste. Das erste Modell war sehr klein, sehr preisgünstig, gebraucht, reparaturbedürftig und hatte weder Küche noch Toilette. Erst einmal ausprobieren und Erfahrungen sammeln, so habe ich es immer gehalten. In bewährter Selbsthilfe habe ich hineinmontiert und anmontiert, was immer ging – und es hat irgendwie ganz gut funktioniert. Aber er hatte nur eine doppelte Schlafgelegenheit.
Das war auch das Manko des schon größeren, moderneren zweiten Wohnwagens vier Jahre später. Den hatte mein Nachbar vorher gefahren und mir schmackhaft gemacht. Den letzten Wagen habe ich dann in den 90er Jahren neu gekauft. Dabei wollte ich diesen Wagen gar nicht haben. Am Tag vorher hatte ich mich bereits in einen anderen verguckt. Aber der war dann schon weg. Schwer war meine Frau zu überzeugen: Der tolle große Spiegel im „Bad“ imponierte ihr nicht; die Schränke zu klein! Aber ich konnte sie überzeugen!
Zurück zu den Anfängen
Zurück zu den Anfängen, und zwar zum Roller. Mit dem Motorroller begann meine Geschichte. Heute im Alter fahre ich wieder einen Roller, aber einen Kabinenroller aus asiatischer Fertigung mit 45 km/h Spitzengeschwindigkeit, zugelassen für zwei Personen. Diesen habe ich vor drei Jahren nach dem Tod meiner Frau gekauft, sie hätte ein solches Fahrzeug nie akzeptiert. Er ist gut geeignet für kurze Entfernungen und ich finde immer einen Parkplatz.
Auszug aus „Mein Leben auf dem Heinefeld., erzählt von Gerd D. aufgeschrieben von Rainer N. (2021), bearbeitet von Reinhard R. (2023)
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