top of page

Der lange Weg des Weihnachtsmanns

Else M. wurde 1930 in Düsseldorf geboren, hatte einen großen Bruder und war die Jüngste der vier Mädchen. Ihre Eltern hatten den Ersten Weltkrieg (1914 - 1918) miterlebt. Die Mutter war gestorben, als sie drei Jahre alt war. Der Vater heiratete bald wieder, die Stiefmutter war "eine liebevolle Mutter". Im Zweiten Weltkrieg (1939 - 1945) hatte es die Familie unter anderem nach Schlesien und nach Landau/Bayern verschlagen. Im Sommer 1945 kehrte sie zurück nach Düsseldorf, obwohl es wegen der vielen Ruinen schwierigste Wohn- und Lebensverhältnisse gab. Doch Else weiß immer Positives zu berichten.


Düsseldorfer Mädchen

Sämtliche Feste wie Weihnachten und Geburtstage wurden bei uns in der Familie sehr schön gefeiert. Unsere Eltern sind jedes Jahr zu Heiligabend nachts num 0 Uhr in die Christmette in der Marienkirche auf der Oststraße in Düsseldorf gegangen. In einem Jahr (ich muss ungefähr sieben Jahre alt gewesen sein) haben meine Schwester Inge und ich zu Weihnachten einen Kaufladen geschenkt bekommen. Der war unglaublich toll.

Außen dran waren Rolladen und es war der größte Spaß für uns, diese immer hoch und runter zu lassen. Mal war ich die Verkäuferin und Inge hat die Kundin gespielt, dann haben wir gewechselt. Dadurch, dass es früher so wenig Spielsachen gab, haben wir die wenigen Dinge, die wir geschenkt bekommen haben, sehr wertgeschätzt.

Da waren wir hellwach

Unser Vater war jedes Mal unfassbar aufgeregt, wenn er ein Geschenk für uns Kinder hatte. Wie bei diesem Kaufladen. Er hatte ihn spät abends von der Arbeit mitgebracht und konnte nicht bis zum anderen Tag warten. Wir sollten ihn sofort sehen. Meine Stiefmutter sagte zu ihm, dass wir dazu viel zu müde wären, wenn er uns wecken würde. Aber nix da, hellwach waren wir, als wir ihn gesehen haben!

Besonders in Erinnerung ist mir geblieben, wie mein Vater uns die kleinen Lackschäden daran erklärt hatte, denn den Kaufladen hatte er gebraucht gekauft. Es gab zu der Zeit nichts Neues und wenn, war es unsäglich teuer.

Er sagte, wir sollten mal ans Fenster gehen und in den Himmel schauen. Was das für ein laaaaaanger Weg wäre, den der Weihnachtsmann mit dem Kaufladen wohl hinter sich gebracht haben müsste. Dabei sei er sicherlich ein paar Mal an Häusern angeeckt. Ich habe ihm das vollkommen geglaubt. Ob meine Schwester insgeheim damit wusste, dass er gebraucht war? Ich weiß es nicht genau. Aber das war auch nicht wichtig, denn er hatte es so schön erklärt, damit wir nicht eventuell enttäuscht sind. Das war ein wirklich sehr, sehr schöner Moment meiner Kindheit.

Auszug aus „Meine Geschichte – Aus dem Leben von ...“, erzählt von Else M., geschrieben von Jenny D. (2017), bearbeitet von Barbara H.


Foto: avantrend/Pixabay

bottom of page