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Ohrfeigen in der Schule, Spaß in Hitzenlinde

Otto T. wurde 1913 in Düsseldorf-Bilk geboren. Trotz seines Umzugs nach Stockum besuchte er weiterhin die Oberrealschule in Bilk. Aus dieser Zeit sind ihm die Besuche im Landschulheim in Hitzenlinde/ Allgäu in besonderer Erinnerung geblieben.



Ich bestand die Aufnahmeprüfung für die Oberrealschule

Bei meiner Einschulung 1919 wollten meine Eltern mich nicht auf die Städtische Volksschule schicken, sondern meldeten mich bei einem Pädagogium in der Nähe des damaligen Zoos an. Nach nur drei Jahren bestand ich 1923 die Aufnahmeprüfung und wechselte auf die Oberrealschule (1) am Fürstenwall in Unterbilk, wo neben Deutsch, Französisch und Englisch in erster Linie Mathematik und Physik unterrichtet wurden. Trotz unseres Umzugs nach Stockum wollte ich nicht auf die nähergelegene Schule wechseln und fuhr den etwa sechs Kilometer langen Schulweg zum Fürstenwall meistens mit dem Fahrrad.


Schichtunterricht in wöchentlichem Wechsel

Die Oberrealschule musste sich ihr Gebäude im Schichtunterricht in wöchentlichem Wechsel – einmal vor-, einmal nachmittags – mit dem damaligen Hohenzollern- und heutigem Görres-Gymnasium bis 1926 teilen. Dessen Gebäude hatte die damalige französische Besatzung (2) im Rheinland beschlagnahmt.


Die Lehrer gingen mit uns Schülern recht rau um

Die Lehrer besaßen damals eine wesentlich größere Autorität als heute und verpassten uns Schülern oft schmerzhafte Ohrfeigen. Ich erinnere mich gut daran, dass ein kriegsversehrter Studienrat mit seiner Armprothese meine rechte Wange festhielt und mir mit der unverletzten Hand auf der linken Backe eine ‘klebte‘. Überhaupt gingen die Lehrer mit uns Schülern recht rau um, ohne dass wir uns bei den Eltern beklagten.


Aufenthalt im Landschulheim Hitzenlinde

Unsere Schule unterhielt ein Landschulheim in Hitzenlinde (3) im württembergischen Allgäu zwischen Isny und Leutkirch. Der Ost bestand damals nur aus dem Landschulheim und einem Sägewerk, und lag etwa eine Stunde Fußweg von der Bahnstation Friesenhofen entfernt. Das Heim wurde von uns Schülern in zwei Klassen unter der Aufsicht von einigen Lehrern zweimal während unserer gesamten Schulzeit für einen Monat besucht.


1925, während der französischen Besatzung, fuhren wir nicht vom besetzten Düsseldorfer Hauptbahnhof, sondern von Gerresheim mit dem Zug in der Holzklasse ins Allgäu. Die Fahrt dauerte länger als einen Tag und unser Waggon wurde mehrmals an andere Züge angehängt. In Friesenhofen wurden unsere Koffer auf ein Pferdefuhrwerk umgeladen, während wir die etwa fünf Kilometer bis zum Heim zu Fuß hinterherliefen. Meine Eltern mussten für den Aufenthalt jeweils 125 Mark aufbringen, was für die damals viel Geld bedeutete.


In und um Hitzenlinde fehlte es uns an nichts. So sind wir in der Escher einen Wasserfall hinabgerutscht und anschließend geschwommen. In offenen Bussen der damaligen Reichspost sind wir nach Füssen gefahren, haben dort übernachtet und das großartige Schloss Neuschwanstein besucht.


Das Lied von Hitzenlinde

Wir Schüler haben in Hitzenlinde viele Lieder gedichtet und gesungen. An eines erinnere ich mich noch sehr gut:


In einer Eck‘ im Escher Tal,

da steht das Hitzenlinde.

Da gehen viele Buben heut‘

bald ein, bald aus geschwinde.

Sie sind vom schönen Rheines Strand,

vom Dorfe an der Düssel

und wollen hier sich laben all

an Allgäus voller Schüssel.


Initiator und Förderer des Landschulheims war der Studienrat D., der einmal in der Woche nachmittags in unserer Aula Filme gegen Eintrittsgeld vorführte, das für das Heim bestimmt war. Außerdem sammelte er eifrig Spenden für Hitzenlinde.



(1) Oberrealschule: eine weiterführende Schulform als Alternative zum humanistischen (altsprachlichen) Gymnasium. Die O. wurde im Jahr 1965 in ein Gymnasium umgewandelt.


(2) Französische Besatzung: Als Folge der Niederlage im Ersten Weltkrieg besetzten die Siegermächte ab 1919, und das französische Militär ab 1923, die linksrheinischen Gebiete und drei rechtsrheinische Brückenköpfe. Ende: 1925


(3) Landschulheim: ermöglicht eine bessere und nachhaltige Bildung im außerschulischen Bereich


Auszug aus "Mein Leben", erzählt von Otto T., geschrieben von H-J.v.R., Auszug verfasst von Marion PK


Foto: DmZ/Pixabay

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