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"Die Stelle ist nicht mehr frei": Diskriminierung bei der Arbeitssuche

Rosa wurde 1923 in Weißrussland, heute Belarus (1), geboren, und mit ihrer liebevollen Familie aufgewachsen. Sie wähnten sich in einem Land, das eine "neue gerechte Gesellschaft von Gleichheit und allgemeinem Glück" baut. Dass sie Juden waren und was das für Rosa bedeutete, wurde ihr erst später bewusst. Rosa lebte in Moskau, hatte dort studiert und arbeitete in einer Militärmusikschule als Lehrerin. Sie hatte geheiratet und bekam 1953 eine Tochter. In den Jahren bis 1995 erlebten sie aufregende und unruhige Zeiten mit politischen Machthabern wie Stalin, Chruschtschow, Breschnew, Gorbatschow und Jelzin. Erst als sie 72 Jahren alt ist, beschließt die Familie auszureisen, weil sie wieder Antisemitismus fürchten.

Davidstern Mahnmal (Foto: TuendeBede/Pixabay)


Studium und Wohnungssuche

Das Studium an der Landwirtschaftsakademie dauerte vier Jahre. Ich hatte das Leben in Moskau (2) genossen, neue Freunde und Bekannte gefunden, die Möglichkeit, Kultur und Kunst zu erleben. In der UdSSR war es üblich, dass ein Hochschulabsolvent eine feste Stelle bekam, wo er mindestens drei Jahre verbleiben musste. Danach erst konnte man sich etwas Neues suchen.

Ich bekam nach meinem absolvierten Studium im Jahr 1949, da war ich 26 Jahre alt, eine Anstellung in einem Staatlichen Tierzuchtbetrieb nahe der Stadt Orjol, im Dorf Naarischkino. Ich hatte mir als eine der besten Absolventinnen aus einer Reihe von Angeboten das Gebiet gewählt, weil die Familie meines Onkels dort, ein paar Zugstunden von Moskau entfernt, lebte.

Angst vor Deportation nach Sibirien

Bald kam richtiger Ärger: Mein Chef kaufte zum Teil minderwertiges Vieh, um es als Zuchtvieh weiter zu verkaufen. Ich sollte bei den Aktionen mitmachen und auch entsprechende Geschäftspapiere unterschreiben. Weil ich das nicht tun wollte, führte das schnell zum Konflikt. Eines Tages hatte er einen Brief an die Parteiführung des Gebietes geschrieben und mich als Volksfeindin denunziert (3). Die Behauptung, antisowjetische Propaganda (4) zu machen, war eine allgemeingültige Anschuldigung. Das galt als gefährliches und sehr schlimmes Vergehen und bedeutete meist Haft und Deportation (5) nach Sibirien.

Mein Glück war jedoch, dass der Erste Parteisekretär im Parteibüro ein sehr kluger und auch anständiger Mann war, der nicht glaubte, was mein Vorgesetzter vorgetragen hatte. Er hatte mich vorgeladen, mich gefragt, wie es mir bei der Arbeit gehe, wie mein Verhältnis zu meinem Chef wäre.

Ich wollte nicht über unser wahres Verhältnis, seine Geschäfte und sein Verhalten berichten. Er stellte eine Menge Fragen, wie z.B. über Gespräche und Besuche bei anderen Abteilungen, mit anderen Mitarbeitern und ich wusste nicht, was diese Fragen bedeuten sollten und wie ich darauf am Besten antworten musste, damit es nicht zu einer Auseinandersetzung käme.

Und dann wurde mir endlich der Brief mit den Anschuldigungen meiner angeblichen antisowjetischen Propaganda gezeigt. Später habe ich erfahren, dass der Parteichef selbst zu den verschiedenen Abteilungen gefahren war und sich erkundigt hatte, wie meine Arbeitsleistung gewesen war und wie ich mich benommen hatte.

Es war eine schwere Zeit und solche Anschuldigungen waren damals leider eine gängige Praxis, um einen loszuwerden oder Rache zu üben. Man konnte jede geringste Kritik als Propaganda einstufen oder sich etwas ausdenken. Hätte der Parteichef den Brief ernst genommen, wäre ich sicher im Gefängnis gelandet. Andererseits wurden die Zuträger und Verleumder nicht bestraft.

Diesmal hatte ich Glück gehabt. Zugleich war mit ganz klar, dass ich nicht da bleiben konnte, denn wer weiß, was mein Chef sich noch alles ausdenken würde. Ich hatte keine Zukunft mehr an dieser Stelle, sollte sie möglichst schnell verlassen – doch, ich musste meine drei Jahre dort ableisten.

In der Zwischenzeit hatte ich mich sowieso bereits anderweitig umgesehen und mich bei einer Fernhochschule angemeldet. Eine zweite Hochschulausbildung hätte ich nur in dieser Form machen können. Ein Direktstudium hätte der Staat nicht mehr finanziert. Ich hatte mich bei einer Lehrer-Hochschule angemeldet, und zwar für die Fächer Biologie und Chemie. Mit diesen Fächern war ich nämlich seit meinem Studium bei der Landwirtschaftsakademie vertraut.

Kündigung durch Heirat und Wohnortwechsel

Diese Planung hatte auch meine Ehe beschleunigt. Meinen Mann kannte ich noch nicht sehr lange. Eine verwandte Familie wohnte bei Moskau und dort wohnte auch die Schwester meines Mannes. Durch diesen Kontakt habe ich ihn kennen gelernt. Wir haben recht schnell geheiratet. Die Heirat und der Zusammenzug mit dem Ehemann waren eine Möglichkeit, einen wichtigen Grund anzugeben, bei dem Staatlichen Tierzuchtbetrieb kündigen zu können, noch bevor die gesetzlichen drei Jahre vergangen waren.

Mein Mann war wie ich in Weißrussland geboren, in der Stadt Glusk. Er hatte während des ganzen Krieges, bis zum Jahr 1944, als Soldat und dann als Feldwebel bei der Artillerie gekämpft. Und er hatte dabei Übliches erlebt: Während er an der Front war, sind seine Eltern, eine seiner Schwestern mit Mann und zwei Kindern und zahlreiche andere Verwandte in ihrer Heimatstadt als Juden umgekommen.

Eine der unzähligen Episoden des Holocausts (6)

Schon in den ersten Wochen des Krieges (7) besetzten die deutschen Truppen die Stadt. Zunächst wurden strengere Regeln und Hemmnisse für die Juden eingeführt und bald war es dann so weit: Anfang Dezember 1941 wurden alle Juden (8) in Glusk versammelt, dann stadtauswärts geführt, wo schon Gräben geschaufelt waren, und dort wurden sie erschossen. An dem Massaker hatten auch die einheimischen „Polizisten“ aktiv teilgenommen. Die Deutschen haben nämlich in jedem besetzten Gebiet solche Polizeieinheiten organisiert (Gestapo, 9).

Manche Opfer versuchten, sich zu verstecken, um das eigene Leben zu retten. Nur wenigen Menschen gelang das. So hat die jüngste Schwester meines Mannes überlebt. Eine fromme Nachbarin, eine ältere Frau, die man „Hannochka“ nannte, hatte sie auf Bitten der Eltern bei sich untergebracht, wie auch manche andere Leute.

Die Geretteten saßen bei Hannochka auf dem Speicher, während einen Katzensprung entfernt ein Blutbad vor sich ging, wo ihre Liebsten brutal ermordet wurden. Die Frau hatte übrigens einen Enkelsohn, der bei der Polizei diente und sogar etwas ahnte. Man erzählte, dass er das Haus durchsuchen wollte, aber seine Großmutter ihn abgewiesen hatte. Klar, dass sie etwa ein Dutzend Juden nicht lange bei sich unterbringen konnte.

In der Nacht hat sie jedem ein Stück Brot mitgegeben und ließ alle hinaus. Dann vagabundierte das Mädchen, damals 15 Jahre alt, von Dorf zu Dorf und landete endlich bei Partisanen (10).

Mein Mann hatte eine große Familie und zum Glück waren seine übrigen drei Schwestern von dem Schrecken nicht betroffen. Zwei von ihnen wohnten zu Beginn des Krieges in Moskau und wurden samt Kindern evakuiert. Die beiden haben jedoch ihre Männer an der Front verloren. Und die dritte Schwester konnte rechtzeitig von der weißrussischen Stadt Bobrujsk, wo sie lebte, mit ihren Kindern fliehen. Ihr Mann kehrte nach dem Krieg von der Front zurück, ohne bedeutende Verletzungen.

Mein Mann war im Jahr 1944 an der Front schwer verletzt worden, hatte eine Hälfte seines rechten Fußes verloren. Er wurde mit einigen Kriegsmedaillen ausgezeichnet und hatte sogar den Ruhmesorden der 3. Klasse, eine höchste Auszeichnung für Soldaten bis zum Rang des Unteroffiziers. Soweit über die Familiengeschichte meines Mannes.

Die Hochzeit im engsten Kreis

Ich habe nicht in Weiß geheiratet, selbst Ringe hatten wir damals nicht. Erst viel später, als meine Tochter schon groß war, da haben wir das nachgeholt und uns zwei Eheringe gekauft. Es war also nur eine Heirat vor dem Standesbeamten – ohne religiöse Zeremonie und ohne Feier mit Freunden und Verwandten, wie das eigentlich damals in der UdSSR allgemein üblich war. Doch wir hatten kein Geld für eine große Feier. Eine meiner Cousinen hat uns zu sich eingeladen, dort haben wir im engeren Kreise gefeiert. Und das war`s.

Nach meiner Heirat musste ich für kurze Zeit wieder zurück nach Orjol, wo ich kündigen musste und mein Arbeitsbuch zurückbekommen sollte. Ich hatte zwar zu dem Zeitpunkt nur zwei Jahre von der vorgeschriebenen Dreijahresfrist des Anstellungsvertrages als „junge Fachkraft“ abgeleistet, doch nun hatte ich ja einen guten Grund für die Kündigung. Und mein Chef war wohl auch froh, dass ich ging.

Also, ich bekam mein Arbeitsbuch mit dem Vermerk „gekündigt auf eigenen Wunsch“ und konnte jetzt zurück nach Moskau zu meinem Mann. Mit mir kam auch meine Mutter wieder nach Moskau. Ich war sehr froh, dass es sich so entwickelt hatte, denn zu jener Zeit war es sehr leicht, manchmal unverhofft, ins Gefängnis zu kommen und damit in einem Lager zu landen.

Wieder in Moskau

In Moskau gab es nun für mich, meinen Mann und meine Mutter folgende Situation: Wir hatten keine Unterkunft für uns. So wohnte ich dann vorübergehend bei einer verwandten Familie, die etwas mehr Platz zur Verfügung hatte. Meine Mutter wohnte bei anderen Verwandten, einem Cousin, wo sie sich nebenbei um Haushalt und die Kinder der Familie kümmerte. Die Eltern waren vollzeitbeschäftigt und die Frau hatte auch noch Tuberkulose bekommen.

Mein Mann lebte bei seiner Schwester. Sie war Witwe seit der Kriegszeit und bewohnte mit ihren zwei Töchtern ein Zimmer in einer Souterrain-Wohnung zusammen mit mehreren Nachbarn. Für die erste Zeit haben wir versucht, ein Zimmer für uns zwei zu mieten, aber man brauchte eine dauerhafte Lösung für die Zukunft. Dafür waren am besten die letzten Moskauer privaten Holzhäuser geeignet, da konnte man sich „einkaufen“.

Kampf mit „Kosmopoliten“

Jetzt, als ich in Moskau Fuß gefasst hatte, stand ich vor der Aufgabe, Arbeit zu finden. Ich machte ja ein Fernstudium bei der Pädagogischen Hochschule, damit waren alle meine Pläne verbunden. Ich hätte jedes Angebot angenommen. Doch es war eine schlechte Zeit für die Arbeitssuche.

Nach dem Krieg hatte man wieder mal die „Schrauben angezogen“. Während des Krieges hatten sich die Leute bei aller Härte etwas freier gefühlt, der Staatsdruck hatte etwas nachgegeben, denn der Krieg war eine echte große Gefahr, und alle konzentrierten sich auf den Kampf. Das Volk rückte von alleine zusammen. Und nach dem Sieg hatte man auf ein neues gutes Leben gehofft. Zu diesen Hoffnungen hat noch die Tatsache beigetragen, dass so viele Leute mit der Armee durch andere Länder gezogen waren und dort mitbekamen, dass das Leben auch anders sein konnte, und nicht unbedingt schwer und voller Ausbeutung, wie man uns das in der Schule beigebracht hatte.

Also, Strenge war auf der Tagesordnung. Man wollte dem Volk den Gehorsam wieder beibringen. Die Strenge herrschte allgemein. Es hieß: Unsere Volkswirtschaft ist vom Krieg zerstört, wir müssen alle Kräfte anstrengen, um sie wieder aufzubauen. Alle Lebensmittel waren rationiert. Ein Zuspätkommen bei der Arbeit war ein schweres Vergehen, ja, sogar eine Straftat, weswegen man ins Gefängnis, und dann ins Lager kommen konnte. Eine strafbare Handlung war auch, wenn in abgeernteten Feldern liegen gebliebene Kartoffeln oder Ähren aufgesammelt wurden, geschweige denn, wenn man einen antisowjetischen Witz erzählte. Das galt schon als politisches Verbrechen.

Das Wort Kosmopolit (11) bedeutete damals „Leute ohne Wurzeln, die jedem Patriotismus fern sind", das heißt: unsere versteckten Feinde.

Und jeder wusste Bescheid: Diese "schlechten Leute" waren Juden, vor allem bekannte Künstler, Schriftsteller, Journalisten, auch Wissenschaftler jüdischer Herkunft. Selbst wenn sie Künstlernamen hatten, die nicht jüdisch klangen, wurden sie „entlarvt“ und als "böswilliger Betrug" denunziert. Für die Betroffenen bedeutete das de facto wenigstens ein Berufsverbot. Und es gab sogar Gerichtsverfahren – viele bekannte Leute wurden verurteilt und hingerichtet.

Nach dem Ausbruch des Krieges war der neue alte Antisemitismus (12) wieder da. Natürlich hatte er im Alltag – wie auch immer und überall – existiert, wurde aber vom Staat nicht unterstützt. Immer mehr „einfache Leute“ hatten nun antijüdische Gesinnung, hielten sich nicht mehr zurück. Offene antijüdische Parolen oder Gesetze gab es zwar nicht, die Hetze bediente sich der Euphemismen (13) und war eigentlich sehr ausgeklügelt organisiert.

Dann folgte die „Ärzteverschwörung“: Mord an Patienten?

Es begann damit, dass eine Clique von Ärzten in dem Krankenhaus, in dem hauptsächlich die Elite der Partei behandelt wurde, angeblich gezielt Patienten umgebracht worden waren. Unter den Opfern wären ganz berühmte Leute, sogar Spitzenbeamte gewesen. Eine Ärztin aus diesem Krankenhaus hatte einen Brief verfasst, in dem sie ganz konkret Namen nannte. Der und die und der hätten mit falscher Medikation die Patienten behandelt und aus diesem Grund hätten diese ihre Krankheit nicht überlebt. Dieser Brief wurde in der zentralen Zeitung veröffentlicht.

Umgehend begannen die Verhaftungen und Verfolgungen. Fast alle im Brief genannten Ärzte waren jüdischer Abstammung. Die Bevölkerung sah in dieser Aktion folgendes Signal: „Die Juden wollen alle umbringen!“

Es entwickelte sich eine echte Massenhysterie, man hatte plötzlich Angst, zum Arzt zu gehen. Und die Beamten sahen da auch ein Signal: „Die Juden sind unerwünscht, und zwar überall!“ Wer eine Arbeit hatte, wurde meistens nicht gefeuert, aber wer sich gerade auf der Arbeitssuche befand, der hatte große Probleme – das betraf mich ganz besonders.

Ich habe jeden Hinweis „Arbeitskraft gesucht“ verfolgt, bin jeder Anzeige nachgegangen. Schließlich war ich angehende Lehrerin und hatte schon eine akademische Ausbildung. Das konnte für viele Arbeitgeber interessant sein. Und tatsächlich hatte man mich üblicherweise freudig empfangen: „Oh ja, wir brauchen gerade Fachkräfte. Bitte geben Sie uns Ihre Unterlagen.“

Doch nach Durchsicht dieser Unterlagen hieß es dann: „Wir werden noch einmal telefonieren bzw. noch ein Gespräch führen.“ Das war es dann auch.

Auf Nachfragen hieß es: „Oh, Entschuldigung, ich hatte es nicht gewusst, aber mein Chef hat sich bereits entschieden, die Stelle ist nicht mehr frei“. Ich war nämlich von meinem Äußeren her nicht direkt als Jüdin zu erkennen und trug keinen typisch jüdischen Nachnamen.

Der Fünfte Punkt

Es war unmöglich, die jüdische Herkunft zu verschweigen. Denn im internen russischen Pass stand unter anderem auch die ethnische Herkunft. Sie stand auf der 5. Position, nach dem Vor- und Nachnamen, Datum und Ort der Geburt, und ist als „Fünfter Punkt“ berühmt geworden. Offiziell galt das als Verweis auf die ethnische Vielfalt des Landes.

In der Tat diente der „Fünfte Punkt“ zu oft der Diskriminierung gewisser Gruppen der Bevölkerung, wobei die „Verdächtigen“ wechseln konnten, je nach der politischen Tendenz, der Zeit und dem Ort. Doch Juden waren ständig dabei. Es entstand sogar ein Ausdruck, voller bitterer Ironie: „Behinderte des 5. Grades“.

Aber dann fand ich glücklicherweise in einer Abendschule eine Anstellung als Lehrerin. Wie genau das damals abgelaufen war, weiß ich nicht mehr so genau, aber es geschah durch Beziehungen – und die waren ja bekanntlich in der Sowjetunion sehr, sehr wichtig. Eine Freundin oder Mitbewohnerin machte wohl die Vermittlung. Doch die genauen Umstände sind mir entfallen.

Während der Arbeit in der Abendschule habe ich mein Fernstudium fortsetzen können. Einmal hat mich die stellvertretende Schulleiterin für den Lehrbetrieb der Moskauer Militärmusikschule angesprochen. Sie suchte für verschiedene Fächer im Lehrplan Lehrkräfte. Das war ein gutes Angebot, zwar mit einem beträchtlichen Manko: Die Schule befand sich an einem anderen Ende der Stadt und ich musste dort ca. zwei Stunden hinfahren. Aber dafür bekam ich einen schönen Stundenplan mit zwei freien Tagen pro Woche.

Damals hatten wir sechstägige Arbeitswochen. Ich habe das Angebot angenommen und ab neuem Schuljahr als Biologielehrerin angefangen und übernahm bald auch das Fach Chemie. In dieser Schule bin ich bis zum Schluss meines Berufslebens geblieben.

War das nicht ein Wunder?

Es war das Jahr 1952. Ermittlungen wegen der „Ärzteverschwörung“ waren in vollem Gange und es gab auch noch starke Gerüchte, dass alle Juden bald nach Sibirien bzw. nach Fernost gebracht würden, wie es schon manchen Völkern in der UdSSR (die Russland-Deutschen, die Tschetschenen, die Krim-Tataren, die Russland-Koreaner) während des Krieges passiert war.

Und ich bekomme da mit 29 Jahren eine feste Stelle, und zwar so gut wie bei einer Militäreinrichtung. War das nicht ein Wunder?

(1) Belarus, im deutschen Sprachraum auch Weißrussland genannt, ist ein osteuropäischer Binnenstaat. Politisches und wirtschaftliches Zentrum ist die Millionenstadt Minsk. Belarus grenzt an Litauen, Lettland, Russland, die Ukraine und Polen.

Das Land entstand 1991 aus der Weißrussischen Sozialistischen Sowjetrepublik, die durch die Auflösung der Sowjetunion unabhängig wurde. Seit 1994 ist Aljaksandr Lukaschenka … der autoritär und repressiv regierende Präsident von Belarus, weshalb das Land häufig als „letzte Diktatur Europas“ bezeichnet wurde. Den mutmaßgeblichen Ergebnisfälschungen der Präsidentschaftswahl in Belarus 2020 folgten wochenlange landesweite Proteste und Streiks gegen Lukaschenkas Regierung. Die Demonstrationen wurden mit äußerster Brutalität niedergeschlagen. Das Büro des Hohen Kommissars der Vereinigten Nationen für Menschenrechte sprach im September 2020 davon, dass man Berichte von über 450 dokumentierten Fällen von Folter und Misshandlungen erhalten habe. Seither haben die Proteste nachgelassen, die Lage der Menschenrechte hat sich aber noch weiter verschlimmert. …

Belarus liegt im Zentrum des ursprünglich jüdischen Ansiedlungsgebietes des Zarenreiches. Die jüdische Minderheit war daher ehemals sehr stark vertreten und bildete vor dem Zweiten Weltkrieg die zweitgrößte Bevölkerungsgruppe, in manchen Städten mit einem Anteil von über 50 Prozent sogar die Bevölkerungsmehrheit. In Folge des Holocausts fiel die jüdische Minderheit auf belarussischem Gebiet jedoch auf rund 1,9 Prozent der Bevölkerung (etwa 150.000) im Jahr 1959. Diese Zahl sank in den Folgejahren weiter, vor allem durch Abwanderung nach Israel, stark beschleunigt nach der Öffnung des Landes zwischen 1989 und 1992. 2009 wurden nur noch 12.926 (0,1 Prozent) Juden gezählt. ...


(2) Moskau ist die Hauptstadt der Russischen Föderation. Mit rund 13 Millionen Einwohnern (Stand 2021) ist sie die größte Stadt ...


(3) Unter einer Denunziation versteht man das Erstatten einer (Straf-)Anzeige durch einen Denunzianten aus persönlichen, niedrigen Beweggründen. Die Denunziation kann anonym geschehen, … wenn der Denunziant ein Interesse daran hat, dass die von ihm denunzierte Person, Institution oder Gruppe nicht erfahren soll, wer hinter der Anzeige steckt.


(4) Propaganda bezeichnet … zielgerichtete Versuche, politische Meinungen oder öffentliche Sichtweisen zu formen, Erkenntnisse zu manipulieren und das Verhalten in eine vom Propagandisten oder Herrscher erwünschte Richtung zu steuern.


(5) Deportation bedeutet die Verschickung, Verschleppung oder Verbannung von Straftätern, politischen Gegnern oder ganzen Volksgruppen mit staatlicher Gewalt in weit entlegene Gebiete zu langjährigem oder lebenslangem Zwangsaufenthalt.


(6) Der Holocaust oder die Schoa – für „die Katastrophe“, „das große Unglück/Unheil“ - war der nationalsozialistische Völkermord an 5,6 bis 6,3 Millionen europäischen Juden während des Zweiten Weltkriegs, rund zwei Drittel aller damals lebenden europäischen Juden. Der endgültige Entschluss zur Ermordung aller Juden fiel im Verlauf des Vernichtungskrieges gegen die UdSSR ab dem Sommer 1941. Deutsche und ihre Helfer verfolgten daraufhin bis 1945 das Ziel, alle Juden im deutschen Machtbereich systematisch zu ermorden, ab 1942 auch mit industriellen Methoden. Dieses Menschheitsverbrechen gründete auf dem staatlich propagierten Antisemitismus und der entsprechenden rassistischen Gesetzgebung des NS-Regimes.


(7) Der Deutsch-Sowjetische Krieg war Teil des Zweiten Weltkrieges und begann am 22. Juni 1941 mit dem deutschen Überfall auf die Sowjetunion. Im damaligen Deutschen Reich wurde er als Russland- oder Ostfeldzug bezeichnet, in der früheren Sowjetunion, dem heutigen Russland, und einigen anderen Nachfolgestaaten der Sowjetunion als Großer Vaterländischer Krieg. … Nach dem Ende der Schlacht um Berlin am 2. Mai 1945 endete der Deutsch-Sowjetische Krieg – damit auch der Zweite Weltkrieg in Europa – mit der bedingungslosen Kapitulation der Wehrmacht am 8./9. Mai 1945 – in Russland als Tag des Sieges begangen. … Adolf Hitler hatte diesen Angriffskrieg befohlen, … um für die „arische Herrenrasse“ Lebensraum im Osten zu erobern und den „jüdischen Bolschewismus“ zu vernichten. … Große Teile der sowjetischen Bevölkerung sollten vertrieben, versklavt und getötet werden. … und nutzte diesen Krieg zur damals so bezeichneten „Endlösung der Judenfrage“. … Vor allem wegen der von Deutschen geplanten und ausgeführten Massenverbrechen an der Zivilbevölkerung starben im Kriegsverlauf zwischen 24 und 40 Millionen Bewohner der Sowjetunion … Dieser Krieg gilt wegen seiner verbrecherischen Ziele, Kriegsführung und Ergebnisse allgemein als der „ungeheuerlichste Eroberungs- und Versklavungs- und Vernichtungskrieg, den die moderne Geschichte kennt.


(8) Das Wort Juden bezeichnet eine ethnisch-religiöse Gruppe oder Einzelperson, die sowohl Teil des jüdischen Volkes als auch Angehörige der jüdischen Religion sein können. Die Benutzung des Wortes oder Begriffs ist im historischen Kontext verschiedener Staaten, auch als dortige religiöse Minderheit, unterschiedlich.


(9) Die Geheime Staatspolizei, kurz Gestapo genannt,… war die politische Polizei des deutschen NS-Regimes von 1933 bis 1945. ...


(10) Ein Partisan ist ein bewaffneter Kämpfer, der nicht zu den regulären Streitkräften eines Staates gehört.

(11) Kosmopolitismus als antisemitisches Verschwörungsnarrativ: In der DDR und bereits zuvor in der UdSSR wurde dem Kosmopolitismus, der als imperialistisches, rechtsgerichtetes und nationalistisches Mittel der westlichen Großmächte galt, um kleine Staaten niederzuhalten und den eigenen Nationalismus zu verschleiern, das politive Gegenbild des proletarischen Internationalismus entgegengesetzt, wonach Sozialisten weltweit Brüder waren und alle Arbeiter der Welt gleiche Interessen hatten. Weltbürger wurden im späten Stalinismus ab 1948 als wurzellose Kosmopoliten bezeichnet, die der sozialistischen Gesellschaft Schaden zufügen würden. Unter dem Vorwand wurden in den 1950er Jahren in der Sowjetunion und später in den Staaten des Ostblocks Kampagnen insbesondere gegen Juden durchgeführt.

Quelle: wikipedia.org


(12) Als Antisemitismus werden heute alle pauschalen Formen von Judenhass, Judenfeindlichkeit und Judenfeindschaft bezeichnet. Der Ausdruck wurde seit dem Holocaust zum Sammelbegriff für alle Einstellungen und Verhaltensweisen, die Einzelpersonen oder Gruppen „den Juden“ zuordnen und ihnen negative Eigenschaften unterstellen, um die Abwertung, Ausgrenzung, Diskriminierung, Unterdrückung, Verfolgung, Vertreibung bis hin zur Vernichtung jüdischer Minderheiten (Völkermord) zu rechtfertigen. Vertreter und Anhänger des Antisemitismus werden „Antisemiten“ genannt.

(13) Ein Euphemismus … ist ein sprachlicher Ausdruck, der eine Person, eine Personengruppe, einen Gegenstand oder einen Sachverhalt beschönigend, mildernd oder in verschleiernder Absicht benennt.

Alle Quellen: wikipedia (ausgenommen Punkt 11)


Auszug aus „Tue alles was du kannst und noch ein bisschen mehr“, erzählt von Rosa B.; aufgeschrieben von Eva S.; bearbeitet von Barbara H. (2023)

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