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“Karnevalsbekanntschaften? Das gibt nichts.“

Annelies M. wurde im August 1926 in dem kleinen Ort Gaablau im Riesengebirge/Niederschlesien geboren. Dort verbrachte sie Ihre Kindheit und Jugend, bis sie 1947 mit ihren Eltern, einem Bruder und einer Schwester, ihre schlesische Heimat verlassen musste. Zuerst kamen sie nach Sachsen-Anhalt, von dort floh sie später in den Westen, wo sie über das Münsterland 1952 nach Düsseldorf gelangte. Sie begann dort eine Ausbildung zur Krankenschwester im Marienhospital und lernte dann ihren späteren Mann Franz M. kennen.



1957 lernte ich meinen späteren Mann Franz kennen, im Karneval (Foto: Rosenmontag, 20. Februar 1950 / Quelle: Stadtarchiv Düsseldorf). Da sagten die Leute zu mir: “Karnevalsbekanntschaften, das gibt nichts.“ (Anneliese und Franz waren zusammen 60 Jahre verheiratet, Anm.d.Verf.)


Ich war mit einer Kollegin aus dem Marienhospital auf dem Weg zum Dietrichkeller, um etwas zu essen. Das war ein Lokal, wo wir manchmal hingingen, denn das Essen im Marienhospital war einem manchmal zuwider. Oft gab es dampfgegartes Essen, und das wurde häufig wiederholt, eben Patientenkost. Aber im „Dietrichkeller“, in der Duisburger Straße, gab es das berühmte „Eisbein mit Sauerkraut“, ein Festessen für uns. Oft konnten wir uns das bei unserem kleinen Gehalt zwar nicht leisten, aber deshalb freuten wir uns um so mehr darauf. An diesem Abend war das Lokal allerdings bis auf den letzten Platz besetzt und so mussten wir umkehren. Als wir auf der Treppe standen, begegneten wir einer anderen Kollegin, Annetraut aus der Säuglingsstation. Sie war mit ihrem Freund und dessen Freund Franz unterwegs. Da auch sie etwas essen wollten und alles voll war, machte sie den Vorschlag, dass wir alle in die Altstadt gehen sollten. Es wurde nicht lange diskutiert, es war Rosenmontag und überall gute Stimmung – und dann haben wir fast die ganze Nacht durchgefeiert.


Das war damals der Anfang des Lebens mit Fränzchen. Er wohnte damals in Oberkassel auf der ersten Straße hinter den Rheinwiesen, das war nicht weit vom Marienhospital entfernt.


Einführung von Franz bei meinen Kolleginnen

Im ersten Jahr unseres Kennenlernens wurde ich 30 Jahre alt. Wir Krankenschwestern aus dem Marienhospital wohnten zu viert auf einem Zimmer, natürlich wurde das gefeiert, Franz wurde auch eingeladen. Alle waren sehr gespannt auf mein neues Glück. Alles war von meinen Mitschwestern in unserem Zimmer schön gemacht worden. Damals wohnten wir nicht mehr im Krankenhaus, sondern auf der Ehrenstraße, wo auch verschiedene Ärzte wohnten. Als es dann schellte, fehlte ja nur noch das Fränzchen.

Alle Augen waren auf die Tür gerichtet, wie mochte er nur aussehen, haben alle gedacht. Damit hatten sie wohl nicht gerechnet, dass ein so gut aussehender Mann kam. Er hatte einen dunklen Anzug an, der ihm gut stand, das muss ich heute noch bestätigen. An dem Abend war ich auch von seinem Aussehen begeistert.

Wir lernten uns mit der Zeit immer besser kennen, verbrachten die meiste Freizeit gemeinsam. Alle vierzehn Tage hatte ich sonntags frei, und so machten wir Spaziergänge oder gingen mal gut essen, z.B. „Im Schlüssel“ in der Altstadt.


Meine Einführung bei Franz' Eltern

Nach einer gewissen Zeit wollte mich Franz seinen Eltern vorstellen, so fuhren wir dahin. Ob sie nun von mir begeistert waren, ließ sich nicht sofort feststellen, Sauerländer äußern sich nicht so schnell. Sie dachten, glaube ich, dass ich als Krankenschwester nicht viel vom Kochen und Haushalt verstünde. Ich habe dann später meine Schwiegereltern mal nach Düsseldorf eingeladen und gekocht. Sie waren ganz begeistert.


So nach einem Jahr beschlossen wir, uns zu verloben. Das taten wir dann auch in aller Stille, aber wir überlegten auch, wann und wo wir heiraten sollten. Ein Termin zu finden, war nicht so schwierig, aber die Frage, wo die kirchliche Trauung sein sollte. Meine Mutter, Schwester und Bruder lebten doch in der DDR, sie bekamen bestimmt keine Erlaubnis, zur Hochzeit in den Westen zu kommen. Die Verwandten von Franz bekamen auch nicht ohne weiteres eine Genehmigung, in die DDR zu reisen.


Getrennte Hochzeit

Nach langem Hin und Her einigten wir uns dann darauf, in die DDR zu fahren. Franz meinte, er könne es eher verkraften als ich, ohne Eltern und Geschwister Hochzeit zu feiern. So wurde der Termin festgelegt. Die standesamtliche Trauung war am 20. März 1958, die kirchliche am 8. April 1958. Die Zeit war günstig, da zu der Zeit Ostern war. Karfreitag fuhren wir also los. Für Franz war es der erste Besuch in der DDR, Mama kannte ihn nur über die Post. Wir waren also nachts gefahren, Mama machte das Frühstück fertig, da sagte mein Zukünftiger: „Gib mir mal das kleine Päckchen mit den Tomaten, was wir mitgenommen hatten, her.“ Da dachte ich so: „Der kann doch warten, bis das Frühstück fertig ist.“ Ich holte aber dann das Päckchen mit den Tomaten, es bestand aus Wellpappe. Nun kam das Wunder zutage. Mein Schatz wollte gar keine Tomaten, er holte aus den Pappwellen lauter schöne Geldscheine heraus. Ich habe nur gestaunt, ich wusste es ja nicht. Dann sagte er zu mir: „Du wärst an der Grenze sicher nervös geworden, so habe ich dir nichts davon erzählt. Außerdem glaubst du doch nicht, dass ich auf Kosten deiner Mutter Hochzeit mache?“


Am Dienstag nach Ostern fand dann in der DDR in kleinem Kreis unsere Hochzeit statt. Bei der Trauung wollte mir der Pfarrer den kleineren Ring anstecken, weil Frauen meist die dünneren Finger haben, aber das klappte nicht. Diesmal hatte Franz die zarteren Hände, er hat auch nicht soviel arbeiten müssen wie ich.

Die Hochzeit war sehr lustig, zwei Freundinnen von Muttern waren zuständig für das leibliche Wohl, ein Akkordeonspieler sorgte für Musik, so hielten wir es aus bis morgens fünf Uhr.


Auszug aus „Von Ost nach West – Die spannende Reise von Annelies M. aus der alten Heimat in eine neue“, erzählt von Annelies M., geschrieben und Auszug von Gaby G.



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